top of page
AutorenbildElla Gabriele Amann

Umgang mit dem Ungewissen und der Unplanbarkeit – Future Skills für die Familie



In einer Welt, die von schnellen Veränderungen, Unsicherheiten und Unplanbarkeit geprägt ist, stehen Familien vor besonderen Herausforderungen. Der Umgang mit dem Ungewissen betrifft dabei alle Familienmitglieder, von den Eltern über die Kinder bis hin zu Großeltern und anderen Verwandten. Unsere gewohnten Routinen und Planungen werden immer wieder durch unerwartete Ereignisse, neue Lebensumstände oder äußere Einflüsse gestört. Ob es wirtschaftliche Unsicherheiten, berufliche Veränderungen, gesundheitliche Krisen oder einfach die Unwägbarkeiten des Alltags sind – Familien sehen sich zunehmend mit Situationen konfrontiert, in denen es keine klaren Antworten gibt und sich das Leben nicht wie geplant entwickeln lässt.

 

Die Rolle des Umgangs mit Ungewissheit in der Familie

 

Der Umgang mit Ungewissheit ist nicht nur eine persönliche Herausforderung, sondern wirkt sich auf das gesamte Familiensystem aus. Für Familien bedeutet die Fähigkeit, mit dem Unbekannten umzugehen, oft auch den Unterschied zwischen Krisenbewältigung und Überforderung. Kinder und Jugendliche erleben diese Unsicherheiten genauso wie Erwachsene, aber ihnen fehlen oft die Werkzeuge, um diese Situationen konstruktiv zu bewältigen. Die Auswirkungen sind vielfältig:

 

Stress und Ängste:

Familienmitglieder können sich überfordert fühlen, wenn Pläne scheitern und das Gefühl der Kontrolle verloren geht. Dies führt zu Stress, Spannungen und manchmal auch zu Konflikten innerhalb der Familie.

 

Verlust an Orientierung:

Besonders Kinder und Jugendliche suchen nach Stabilität und Orientierung. Wenn die Erwachsenen selbst unsicher sind, kann dies dazu führen, dass auch die jüngeren Familienmitglieder sich verloren fühlen.

 

Starre Denkweisen:

Unplanbarkeit kann zu einem Festhalten an alten Mustern führen. Es fällt schwer, sich von gewohnten Denkweisen zu lösen, was die Fähigkeit, neue Lösungen zu finden und flexibel zu reagieren, erheblich einschränkt.

 

Der Umgang mit dem Ungewissen als Future Skill

 

Der konstruktive Umgang mit Ungewissheit ist heute eine entscheidende Future Skill, die in allen Lebensbereichen wichtig ist – und am besten schon in der Familie gelernt und geübt wird. Familien bieten ein einzigartiges Übungsfeld, um Flexibilität, Resilienz und die Bereitschaft, sich auf das Unbekannte einzulassen, zu trainieren. Hier können Kinder und Jugendliche lernen, dass es nicht immer eine klare Lösung gibt und dass Scheitern oder Planänderungen keine Katastrophen sind, sondern Chancen, um kreativ zu sein und zu wachsen.

 

Diese Fähigkeit ist essenziell, um in einer immer komplexer werdenden Welt zurechtzukommen. Der Umgang mit Ungewissheit fördert nicht nur individuelle Resilienz, sondern stärkt auch die gesamte Familie als Team. Eine Familie, die gemeinsam lernt, mit Unsicherheit umzugehen, entwickelt eine starke emotionale Verbindung und baut ein Klima des Vertrauens und der Unterstützung auf.

 

Yes-and-Prinzip und Growth Mindset: Zwei Ansätze für das Training im Familienalltag

 

Das Yes-and-Prinzip stammt aus der Improvisation und beschreibt die Haltung, nicht sofort abzulehnen, sondern anzunehmen und weiterzuentwickeln, was gerade passiert. Anstatt zu sagen „Ja, aber“, das schnell in eine negative Richtung führen kann, bedeutet „Yes, and“, eine Situation anzuerkennen und darauf aufzubauen, selbst wenn die Umstände nicht ideal sind. Es geht darum, nicht gegen das Unbekannte anzukämpfen, sondern es als Teil des Prozesses anzunehmen.

 

Das Growth Mindset, ein Begriff, der von Carol Dweck geprägt wurde, steht für die Überzeugung, dass Fähigkeiten und Intelligenz durch Anstrengung, Lernen und Anpassung wachsen können. Es fördert die Einstellung, Herausforderungen als Lernmöglichkeiten zu betrachten, anstatt sich von ihnen entmutigen zu lassen.

 

Beide Ansätze helfen Familien dabei, eine konstruktive und zuversichtliche Haltung im Umgang mit Ungewissheit zu entwickeln. Sie fördern Flexibilität, Offenheit und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren – Eigenschaften, die für eine positive Entwicklung und ein harmonisches Familienleben unerlässlich sind.

 

Drei Alltagsszenarien, um das Yes-and-Prinzip und das Growth Mindset zu trainieren

 

1. Ungeplante Veränderungen im Alltag


Stellen Sie sich vor, ein lang geplanter Familienausflug muss wegen schlechten Wetters abgesagt werden. Anstatt enttäuscht zu sein und sich zu ärgern, können Eltern das Yes-and-Prinzip nutzen: „Yes, and wir machen stattdessen einen Spielenachmittag zu Hause und probieren ein neues Spiel aus!“ Diese Haltung zeigt den Kindern, dass es immer Alternativen gibt und dass auch unerwartete Wendungen Spaß machen können. Es fördert ein Growth Mindset, indem es den Kindern beibringt, flexibel zu bleiben und sich auf das Positive zu konzentrieren.

 

2. Hausaufgaben und schulische Herausforderungen


Ein Kind hat Schwierigkeiten mit einer Matheaufgabe und ist frustriert, weil es glaubt, es „nicht zu können“. Hier kann das Growth Mindset gestärkt werden, indem die Eltern sagen: „Yes, and lass uns schauen, was wir schon wissen und was wir noch herausfinden können.“ Anstatt sich auf das Scheitern zu konzentrieren, wird die Herausforderung als Lernprozess betrachtet. Das Kind lernt, dass Fehler und Schwierigkeiten keine Endpunkte sind, sondern Schritte im Lernprozess.

 

3. Familienentscheidungen unter Unsicherheit


Die Familie steht vor der Entscheidung, ob ein Umzug in eine neue Stadt in Betracht gezogen werden soll. Diese Situation ist von Ungewissheit und vielen unbekannten Faktoren geprägt. Statt sofort in Panik zu verfallen oder festgefahrene Vorstellungen zu haben, können Familienmitglieder mit dem Yes-and-Prinzip an die Diskussion herangehen: „Yes, and was könnte in der neuen Stadt für uns alle spannend sein?“ Dieses offene Herangehen ermöglicht es, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und das Unbekannte als Chance statt als Bedrohung zu sehen.

 

Den Umgang mit Ungewissheit frühzeitig in der Familie lernen

 

Der Umgang mit Ungewissheit und Unplanbarkeit ist eine Fähigkeit, die uns als Familien, Teams und Individuen widerstandsfähiger und flexibler macht. Indem Familien das Yes-and-Prinzip und das Growth Mindset in ihren Alltag integrieren, schaffen sie ein Umfeld, in dem Fehler, Veränderungen und Überraschungen nicht als Bedrohung, sondern als Teil des gemeinsamen Lebens betrachtet werden. Diese Haltung stärkt nicht nur die Resilienz jedes Einzelnen, sondern auch die Familie als Ganzes und bereitet alle Mitglieder darauf vor, mit den Ungewissheiten der Zukunft besser umzugehen. Familien, die diesen Future Skill gemeinsam trainieren, sind nicht nur besser auf die Herausforderungen des Alltags vorbereitet, sondern lernen auch, das Leben in seiner ganzen Unberechenbarkeit zu schätzen und zu genießen.


Veranstaltungstipps:





bottom of page